Für die Bürgerbewegung Finanzwende fordert Michael Möller in einem Standpunkt, »Banken und Sparkassen sollten die Negativzinsen abschaffen!« In seinem Beitrag suggeriert er, dass es gewöhnliche Sparer seien, die nennenswerte Beträge über den Freibeträgen von 25-50 Tausend € als täglich fällige Einlagen halten. Der Beitrag unterschlägt dabei auch, dass „Sparer“ größere Beträge auf Sparkonten anlegen können, ohne Negativzinsen berechnet zu bekommen.
Man kann wohl davon ausgehen, dass Herr Möller sich darüber im klaren ist, dass das allgemein niedrige Zinsniveau 90 % aller Menschen finanziell zugute kommt. Niedrige Zinsen entlasten alle Schuldner (und damit auch alle öffentlichen Kassen) und alle Verbraucher, da steigende Zinsen auf alle Konsumgüter aufgeschlagen werden.
Die Negativverzinsung täglich fälliger Geldanlagen sind eine technische Notwendigkeit um die spekulative Zurückhaltung großer Geldvermögen zu verringern. Banken machen damit nur ein Geschäft, wenn die „Ersparnisse“ eben nicht langfristig angelegt werden. Nur durch die negative Verzinsung der täglich fälligen Geldanlagen (ca.5 Billionen €) war es der Notenbank vorübergehend möglich ein Null-Zins-Niveau anzustreben. Dieses Null-Zins-Niveau hat über einen längeren Zeitraum hinweg alle Menschen entlastet, die nicht von ihren Zinserträgen leben; es hat den Arbeitsmarkt trotz vieler Krisen stabilisiert und die öffentlichen Kassen maßgeblich entlastet.
Die Diffamierung der Geld-Hortungsgebühr als »Strafzins«, die Forderung nach einer »Zinswende« und die Propagierung, dass Geldvermögensbesitzer ein quasi moralisches Anrecht darauf hätten, ihr Geldkapital immer positiv verzinst zu bekommen, wie das der grüne Staatssekretär und ehemalige Europaparlamentarier Sven Giegold in grünen Kreisen macht, ist ein Schlag ins Gesicht aller Menschen die nicht von ihren Vermögensbeständen leben können. Die Verteidigung positiver Geldverzinsung ist die Verteidigung des Kapitalismus in seiner verwerflichsten Form. Kapitalerträge gehen immer zulasten der Arbeitsverträge.
Sehr geehrter Herr Möller,
in der von Ihnen propagierten Kampagne gegen Strafzinsen geht es um geringfügige Gebühren, die Geldspekulanten mit sehr hohen liquiden Geldbeständen aufbringen müssen. Jeder Verbraucher kann Geldvermögen jenseits der 50.000 € gebührenfrei auf ein Festgeldkonto einzahlen und/oder es auf verschiedene Banken verteilen. Als Protagonist von „Bürgerbewegung Finanzwende“ erwarte ich von Ihnen eine klare Stellungnahme gegen steigende Zinsen und für eine konstruktive Geldumlaufsicherung. Ein weiterer Anstieg der Zinsen von 1% auf 2% bedeutet eine Verdopplung der Zinsbelastung für alle Kreditnehmer. Bei der Gesamtverschuldung von mehreren Billionen Euro macht dies bereits etliche Milliarden Euro aus. Eine weitere Verdopplung auf 4% wird für viele öffentliche Haushalte, unzählige Unternehmen und für alle kreditfinanzierten Immobilieneigentümer schwerwiegende Folgen haben.
Diese Entwicklung lässt sich nur durch eine konstruktive Geldumlaufsicherung und die Weiterführung der Null-Zins-Politik der europäischen Zentralbank auf Dauer abwenden. Mit ihrer Stellungnahme betreiben sie aktiv Desinformationspolitik. Sie führen ihre Leserschaft beim Thema Zinspolitik in die Irre, wie mir mehrfach mitgeteilt wurde. Ich unterstelle ihnen, dass Sie dies nicht im Sinne der Finanzlobby betreiben. Für eine stabile Geldpolitik ist es notwendig, dass Leute wie Sie und Herr Giegold ihren ideologischen Kampf für einen hohen Kapitalertrag aufgeben und sich für eine konstruktive Geldpolitik einsetzen.
(Michael Möller ist bei Finanzwende für Themen rund um den Verbraucherschutz zuständig. Er studierte Philosophie, Volkswirtschaftslehre und Politische Theorie und war als Politikberater mit finanzpolitischem Fokus in Berlin tätig.)
Lesen Sie hierzu auch: »Zentralbanken könnten Negativzinsen weiter senken (IMF-Studie)«, »Die Linkspartei und die Kleinsparer« und »Stabile Währung durch Haltegebühr auf Geld«
Klaus Willemsen, 21.06.2022
Verwendete Quellen:
www.finanzwende.de/standpunkte/standpunkt-negativzinsen/
www.inwo.de/medienkommentare/zentralbanken-koennten-negativzinsen-weiter-senken-imf-studie/
www.inwo.de/medienkommentare/die-linkspartei-und-die-kleinsparer/
www.geldreform.eu/stabile-waehrung-durch-haltegebuehr-auf-geld