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Platzt jetzt die Geldblase?

Am 11. März 2020 erklärte der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation den Ausbruch der Corona-Pandemie. Anhand des Virus wurde uns erstmals erklärt, was unsere rastlose Welt antreibt: eine Exponentialfunktion.

Nicht nur die Corona-Modellierung basierte darauf, auch die Notenbanken reagierten wieder in dieser Manier: Mit der Begründung, die Finanzierung der Pandemiekosten sicherzustellen, übertrumpften sie sich erneut mit Liquiditätsspritzen. Die Europäische Zentralbank startete ab dem März 2020 – zusätzlich zu den bereits laufenden Anleihekaufprogrammen – ein Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP). Die Größenordnung von 1.850 Milliarden Euro übersteigt alles bisher Dagewesene. Die Bilanzsumme der EZB ist in nur zwei Jahren um über 70% auf 8.668 Mrd. Euro angewachsen.
Parallel dazu stieg die Gesamtverschuldung der Staaten im Euroraum wieder an und erreichte im 1. Quartal 2021 erstmals 100 % des gemeinsamen Bruttoinlandsprodukts. Zwar ist es der EZB durch die Anleihekäufe tatsächlich gelungen, relativ günstige Finanzierungsbedingungen aufrechtzuerhalten, doch seit Anfang 2021 zieht die Inflation spürbar an. Mit 5,1 % lag sie im Januar 2022 weit über dem Ziel von 2 %. – Platzt jetzt die Geldblase und lässt den hohen Liquiditätsüberhang über uns hinwegschwappen? Zentralbanken und Politik stehen vor großen Herausforderungen. Wie lange kann die EZB den Schuldenmarkt der Eurozone noch stabilisieren? Wie lange bleiben die öffentlichen Finanzen der hoch verschuldeten Staaten tragbar? Solange die Inflation unter dem Ziel von 2% lag, konnte die EZB ihre lockere Geldpolitik rechtfertigen. Doch nun gerät sie zunehmend unter Druck.
Die Schuldenstände sind höher denn je. Der neue Krieg in Europa führt möglicherweise zu erneuten Verwerfungen im Welthandel, die Arbeitslosigkeit könnte anziehen. Die brenzlige Lage erfordert eine bleibende Unterstützung durch die Geld- und die Fiskalpolitik. Gibt es da Alternativen zum Gelddrucken?
Ja! Die Zentralbanken könnten zu einer effektiven Zinspolitik zurückkehren. Silvio Gesell hat bereits vor über 100 Jahren die Dynamiken erklärt, die vom Geld selbst ausgehen, das eben kein »neutraler Schleier« ist. Sein Vorschlag war eine Gebühr auf Geld. Parallel zum Auslaufen der Anleihekaufprogramme sollte diese Geldgebühr endlich eingeführt werden.
Zudem hatte Gesell wie Henry George erkannt, dass leistungslose Erträge des Bodens und seiner Ressourcen gerecht verteilt werden müssen, um Ausbeutung, Verschuldung und Krieg zu beenden. Die Politik hat es aber bisher versäumt, durch die Abschöpfung der ökonomischen Renten eine Refeudalisierung unserer Gesellschaften zu verhindern. Die Verteilungskonflikte werden drastisch zunehmen, wenn nicht endlich Maßnahmen ergriffen werden. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch.

 

Beate Bockting

 

Dieser Beitrag erschien in der FAIRCONOMY 1/2022