»Wir Freien Demokraten wollen eine Grundsteuerreform mit Augenmaß. Zentrale Kriterien dafür sind hohe Rechtssicherheit, geringe Bürokratiebelastung und Aufkommensneutralität.« Zahlreiche FDP-Mitglieder und Landtagsabgeordnete diskutierten damals die verschiedenen Vorschläge für die zukünftige Grundsteuer Gestaltung. Juristen machten darauf aufmerksam, dass das vom Bund präferierte »Scholz-Modell« nicht nur bei der Erfassung der Steuerschuld sondern auch im Anschluss bei der Klärung von Einsprüchen vor Gericht unabsehbare Ressourcen binden wird.
Auch das von Werner Fleischer, dem Cheflobbyisten von Haus & Grund, präferierte »Flächenmodell«, wurde als verfassungsrechtlich bedenklich kritisiert. Das ein Grundstück in bester Citylage ähnlich besteuert werden sollte wie ein entsprechend großes Grundstück in einer benachteiligten Randlage der Stadt, schien vielen Rednern an diesem Abend nicht nachvollziehbar.
Das von Professor Löhr vorgestellte Bodenwertmodell konnte dagegen gleich mehrfach punkten: geringer Bürokratieaufwand, Steuergerechtigkeit durch Leistungsorientierung und die Aktivierung brachliegender Grundstücke. Die Wortmeldungen am Abend deuteten auf große Sympathien für dieses Modell hin. Unterstützt wurde diese Position durch einen Beschluss des Bundesvorstandes der FDP vom 14. November 2016, in dem es heißt: »Bemessungsgrundlage = Bodenrichtwert X Grundstücksgröße«.
Doch die Ergebnisse dieser Anhörung sind gegenstandslos. Die Fraktion der FDP dringt aktuell darauf, in Nordrhein-Westfalen das rein an der Flächengröße orientierte Modell umzusetzen. Grundstücke sollen nicht nach ihrem Verkehrswert besteuert werden und die Spekulation mit dem Boden soll auch weiterhin ein gutes Geschäft bleiben. Wie ist ein solcher Gesinnungswandel liberaler Politiker zu verstehen?
Wess Brot ich ess des Lied ich sing. Sicherlich lebt die Freie Demokratische Partei, wie keine andere, von den Zuwendungen der Bodenlobbyisten. Und sicherlich gibt es in ihren Reihen mehr Bodenspekulanten als in anderen Parteien. Das ist nicht verwerflich. Unfassbar aber ist, dass sich die Fraktion einer liberale, demokratische Partei, so augenscheinlich von den Profitinteressen einer verschwindend kleinen Minderheit benutzen lässt. Oder sollte man noch sagen, sich von dieser Minderheit führen lässt? - Meinungssache.
Lesen Sie hierzu auch: »Oberbürgermeister für Bodenwertsteuer« und »Grundsteuer: Zeitgemäß!«.
Klaus Willemsen, 16.11.2020
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