Grundsteuer verfassungswidrig - Jetzt reine Bodenwertsteuer einführen!

Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. April die Grundsteuer in ihrer heutigen Form für verfassungswidrig erklärt. Bis Ende 2019 muss nun der Gesetzgeber eine neue Regelung schaffen. Eine reine Bodenwertsteuer wäre das Mittel der Wahl.

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert nun: „Rasch umsetzbarer Vorschlag für eine Bodenwertsteuer muss jetzt auf die Tagesordnung“. Der NABU ist Teil des Netzwerks „Grundsteuer: Zeitgemäß!", das sich seit mehr als fünf Jahren für eine reine Bodensteuer stark macht, bei der die Gebäudekomponente zukünftig unberücksichtigt bleiben soll.

Die stark veraltete Einheitsbewertung verstößt gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz. Dem Gesetzgeber räumt das Gericht eine Frist bis zum 31. Dezember 2019 ein, um eine verfassungsgemäße Neuregelung zu erlassen.

Bürokratieabbau

„Jetzt muss eine schnelle, unkomplizierte Lösung her“, so die Einschätzung der Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, „denn ohne eine verfassungsgemäße Grundsteuer kommen auf die Kommunen nach Ablauf der Frist Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe zu ... Dieser Urteilsspruch erlaubt die Umsetzung einer einfachen und innerhalb der gesetzten Frist durchführbaren Variante, nämlich der Besteuerung des Bodenwertes.“

Leider wurde dieser von Zivilgesellschaft und Fachwelt angeregte Reformvorschlag von Bund und Ländern bei ihren bisherigen Reformüberlegungen beharrlich ignoriert. Dabei könnte er problemlos innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist verwirklicht werden. Hierbei würde die unverhältnismäßig aufwendige und zeitraubende Gebäudebewertung obsolet.

Die Bemessungsgrundlage wären einzig die Bodenrichtwerte, die größtenteils bereits flächendeckend vorliegen. Einigte man sich endlich auf dieses Modell, wäre die neue Grundsteuer ein echter Beitrag zum Bürokratieabbau.

Bodenwertsteuer dämmt Spekulation ein

Derzeit führen Investitionen in Grundstücke und Gebäude automatisch zu einer höheren Besteuerung. Die Grundsteuer in Form der Gebäudesteuer bestraft also Investitionen, belohnt Spekulation und führt somit durch Angebotsverknappung und Investitionszurückhaltung zu ansteigenden Bodenpreisen und Wohnungsmieten.

Bei einer Bodensteuer, die nicht das Gebäude berücksichtigt, würden hingegen Baulücken oder Brachflächen deutlich höher besteuert werden als zuvor. „Eine Bodensteuer hätte starke positive Effekte auf den Boden- und Wohnungsmarkt. Sie verhält sich gänzlich neutral gegenüber Investitionen, würde Spekulationen verteuern und schafft somit einen Anreiz zu bauen. Damit würde eine Bodensteuer die Planungsziele der Städte und Gemeinden stärken, anstatt sie zu konterkarieren“, so Dr. Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

„Die Bodensteuer hat zwei wichtige Auswirkungen. Mehrfamilienhäuser werden entlastet und unbebaute bzw. ungenutzte Grundstücke werden deutlich höher belastet. Das ist ein Beitrag zur Mobilisierung dieser Flächen für den Wohnungsneubau“, so Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbunds.

„Neue Berechnungen zeigen, dass selbst in hochpreisigen Verdichtungsräumen wie Berlin die Bodensteuer nicht für Gentrifizierungsprozesse verantwortlich gemacht werden kann, wie Kritiker behaupten“, so Dr. Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier. „Mehrbelastungen können v.a. in den größten Städten auch bei Mehrfamilienhäusern in einigen sehr teuren Lagen entstehen. Soweit politisch gewu?nscht, ließen sich diese aber auf verschiedenen Stufen der Steuerberechnung mildern oder beseitigen.“

Bodenwertsteuer bremst Bodenverbrauch

Die angesichts der hohen Wohnungsnachfrage so wichtigen Potenziale in den Innenstädten würden mit einer Bodensteuer aktiviert bzw. besser genutzt. „Indem innerörtliche Brachen und Baulücken besser genutzt werden, ist weniger Neubau auf der grünen Wiese erforderlich.

Durch eine Bodensteuer würden zudem alle Eigentümer einen gerechten Anteil der Bodenwertschöpfung zurück an die öffentliche Hand geben“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Mehr und mehr Stimmen sprechen sich für die Reform zu einer Bodensteuer aus, darunter das Deutsche Institut für Urbanistik und der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung (Roadmap Bodenpolitik), das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW-Kurzbericht 58.2016) sowie das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK-Report 129/2017). Auch eine in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung vorgelegte Studie zur Entwicklung der Wohnbautätigkeit empfiehlt eine Bodensteuer.

Die Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ ist ein 2012 gegründeter bundesweiter, überparteilicher Aufruf zur Reform der Grundsteuer in eine Bodenwertsteuer. Zu den Unterstützern zählen bislang über 50 Bürgermeister, zahlreiche Verbände und Organisationen, darunter neben NABU, Institut der deutschen Wirtschaft und dem Deutschen Mieterbund auch die INWO sowie über 900 Privatpersonen.

Mehr Infos: www.grundsteuerreform.net 

Für Rückfragen:

Dr. Ulrich Kriese, NABU-Sprecher für Bau- und Siedlungspolitik und Sprecher für die bundesweite Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, Mobil +49 (0)176- 875 99 511, E-Mail: Ulrich.Kriese@NABU.de

Henry Wilke, NABU-Referent für Siedlungsentwicklung und Koordinator der bundesweiten Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, +49 (0)172-678 57 32 , Henry.Wilke@NABU.de

Prof. Dr. Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik, Erstunterzeichner der Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, Mobil +49 (0)172- 623 99 42, E-Mail: d.loehr@umwelt-campus.de