Mit Verweis auf Michael Voigtländer, dem Immobilienexperten vom Institut für Wirtschaftsforschung Köln, beschreibt Alexander Terwey, wie die Umstellung der Grundsteuer auf eine reine Bodenwertsteuer der »Grundstückshortung«, sprich der spekulativen Zurückhaltung von Bauland, entgegenwirken würde. »Nicht nur Immobilien, sondern auch Grundstücke steigen seit Jahren im Wert. Deshalb sind unbebaute Grundstücke gerade bei Spekulanten beliebt. Diese haben nach dem Kauf aufgrund der oft sehr niedrigen Grundsteuer kaum Kosten und können entspannt darauf warten, dass sich der Wert der Grundstücke vervielfacht. Das bedeutet aber auch: Sie haben kein besonderes Interesse daran, die Grundstücke schnell für die Bebauung zur Verfügung zu stellen. ›Grundstücke versprechen eine gute Rendite, für die man fast nichts tun muss‹, sagt Voigtländer«.
Zumindest die Überschrift weist ferner darauf hin, dass sich nur sehr wohlhabende Menschen und institutionelle Anleger diese Art des „Geldverdienens“ leisten können. Nicht ausdrücklich erwähnt wird, dass die Milliardengewinne letztlich von Mietern, Pächtern, Konsumenten und arbeitenden Menschen bezahlt werden müssen.
Alexander Terwey beschränkt sich aber nicht, wie viele seiner Kollegen, darauf, Missstände zu beschreiben. Er präsentiert seinen Lesern einen klaren, leicht umzusetzenden Lösungsvorschlag: »Die Bodenwertsteuer orientiert sich an den sogenannten Bodenrichtwerten, die den Städten und Gemeinden vorliegen und jedes Jahr aktualisiert werden. Besonders in Großstädten, wo die Bodenpreise seit Jahren steigen, würden die Kosten für Besitzer leerstehender Grundstücke mit einer Bodenwertsteuer deutlich steigen«.
FOCUS-online lässt auch die Spekulantenlobby zu Wort kommen. Der Eigentümerverband Haus & Grund warnt »vor einer deutlich höheren Belastung von Immobilienbesitzern. Nach eigenen Berechnungen kam der Verband zu dem Ergebnis, dass sich die Grundsteuer nach der Reform im Schnitt um das 30-fache erhöht. Teilweise sei sogar mit einer Erhöhung um das 50-fache zu rechnen«. Leider wird dieses Statement nicht kritisch kommentiert. Sonst hätte der Leser noch erfahren, dass es sich bei der anstehenden Grundsteuerreform um eineinsgesamt aufkommensneutrale Aktualisierung der individuellen Steuerlasten handelt. Daher sind die von Haus & Grund dargestellten Beispiele vor allem ein Beleg dafür, dass einzelne Grundbesitzer seit Jahrzehnten so wenig Grundsteuer entrichten, dass der grundgesetzlich gebotene Gleichheitsgrundsatz verletzt wurde. Dieser Umstand ist letztlich der Grund für das höchstrichterliche Urteil, nach dem die derzeitige Berechnung nicht verfassungskonform, weil völlig ungerecht, ist.
PS: Die im Artikel verwendete Formulierung »Nicht nur Immobilien, sondern auch Grundstücke steigen seit Jahren im Wert« ist nicht ganz korrekt. Ein Grundstück kann im Wert nahezu unendlich steigen. Während die Nachfrage vielerorts wächst bleibt der Bestand an Grundstücken konstant. Eine Immobilie dagegen verliert praktisch ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung an Wert. Sie verursacht Kosten für die Instandhaltung und Verwaltung und praktisch jede neue Immobilie im Umfeld wird moderner oder schöner. Der Wertzuwachs eines Gebäudes ergibt sich bestenfalls aus der relativen Knappheit des Angebots, und das wiederum geht auf das begrenzte Angebot von Grundstücken zurück.
Lesen Sie dazu auch »Grundsteuer: Zeitgemäß!«, »Das Ende der Sozialdemokratie« und »Palmer warnt vor Grundsteuerreform«.
Klaus Willemsen, 27.9.2018
Verwendete Quellen:
www.inwo.de/medienkommentare/das-ende-der-sozialdemokratie/
www.grundsteuerreform.net