»26 Mal steht das Wort ›Wachstum‹ im Koalitionsvertrag«, zählte Leonardo/Quarks-Moderator Hansel nach. Weltweit läuft jede Sekunde irgendwo in der Welt ein weiteres Auto vom Band, Flugzeugflotten und Flugbewegungen verdoppeln sich im Sieben-Jahres-Rhythmus.
Die Welt kann ein grenzenloses Wachstum nicht mehr verkraften, weiß Professor Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. In einem Forschungsprojekt hat er untersucht, wie ein »gutes leben für alle Menschen auf dem Planeten« möglich ist und wie wir mehr »Lebensqualität ohne Wachstum in den Städten« erreichen können.
An dieser, wie an anderer Stelle, bleibt Professor Schneidewind, auch Professor für ›Innovationsmanagement und Nachhaltigkeit‹ an der Bergischen Universität Wuppertal, eine befriedigende, ökonomische Antwort schuldig. In einem Interview verweist er darauf, dass beispielsweise der Wuppertaler Fahrradweg Nordbahntrasse ein Gewinn an Lebensqualität darstellt und nachhaltige Ernährung durch regionale Versorgung das Leben verbessern kann, ohne ökonomisches Wachstum zu benötigen.
Warum aber kämpfen Politiker, Wirtschaftsvertreter und Gewerkschafter verbissen um jeden Arbeitsplatz im Braunkohlebergbau, in der Chemie-, Rüstungs-, Finanz-, Automobil- und der Stahlindustrie? Warum diskutiert niemand ernsthaft über Verkehrsvermeidung und wie man blödsinnige Arbeiten überwinden kann? Wieso diskutiert Politik nicht darüber, wie man die sinnvolle und notwendige Arbeit auf mehr Schultern verteilen kann, wie man Unfälle und Krankheiten vermeiden kann, anstatt die immer größer werdenden Unfall- und Pflegekosten durch höhere Beiträge zu finanzieren (siehe dazu Klaus Popp: »Das Märchen vom guten Zins«, 2006).
Der Wissenschafts-Moderater weiß, dass es weder an guten Ideen noch am guten Willen der Bevölkerung fehlt. Während der Professor vom Bewusstseinswandel, von der Veränderung von Konsumgewohnheiten und vom technischen Fortschritt erzählt, weiß Franz-Josef Hansel offenbar um die ökonomischen Zwänge des Wachstums. »Wohlstand hat doch immer mit Geld zu tun«, weist seine Nachfrage in die richtige Richtung.
Wohlstand hat vor allem mit der Verteilung von Geld zu tun. Hätten wir beispielsweise die gestiegenen Boden- und Mietpreise in den vergangenen 20 Jahren zurück in die Taschen der Mieter und Pächter gelenkt, könnten sich diese heute eine Arbeitszeitverkürzung um 10 bis 30 Prozent gönnen - ohne ansonsten auf Wohlstand verzichten zu müssen. Die ökonomischen Ursachen der Wachstumsdynamik liegen in der Geld- und Bodenordnung. Es ist bedauerlich, dass die Forschung sowohl beim Wuppertal Institut wie auch bei der Heinrich-Böll-Stiftung, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, sehr eingeschränkt wird. Die offensichtlichen Widersprüche in unserem Wirtschaftssystem sind erklärbar und auflösbar, wenn man ideologische Scheuklappen ablegt. Bitte bleiben Sie am Ball, Herr Hansel.
Lesen Sie dazu auch »Mythos grünes Wachstum«, »Grünes Dilemma«, »Stabile Währung durch Haltegebühr auf Geld« und »Grundsteuer: Zeitgemäß!«
Klaus Willemsen, 11.10.2018
Verwendete Quellen:
www.geldreform.eu/stabile-waehrung-durch-haltegebuehr-auf-geld/
www.inwo.de/medienkommentare/mythos-gruenes-wachstum/
www.inwo.de/medienkommentare/gruenes-dilemma-ii/
www.grundsteuerreform.net