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FAIRCONOMY-Newsletter 80

* Robinsonade vorgelesen

* Negativzinspolitik vor Gericht

* 50 Jahre Geld ohne Gold-Bindung

Inhalt:

  1. Aktuelles
  2. Termine
  3. Interessantes aus Medien und Netz
  4. Film- und Buchtipps
  5. Worte... zum Schluss

1. Aktuelles

FAIRCONOMY-Webinar mit Dr. Dirk Ehnts am Freitag, den 20. August 2021 um 19 Uhr: Geld in der Modern Monetary Theory (MMT)

Viele haben schon von der Modern Monetary Theory gehört. Doch was verbirgt sich genau hinter dieser Theorie, die das Geld im Namen führt? In diesem Webinar wird Dirk Ehnts die MMT vorstellen.

Welche Rolle spielen Staat, (finanzielle) Unternehmen und private Haushalte in der Volkswirtschaft im Allgemeinen und dem Geldsystem im Besonderen? Ist die Zentralbank unabhängig? Was bestimmt Geldentstehung, Investitionen, Konsum und Sparen? Wozu dienen Steuern, Staatsanleihen(-käufe) und Zinsen?

Wir freuen uns auf eine spannende, kontroverse Diskussion! Wer teilnehmen möchte, sendet bitte eine E-Mail an: inwo(at)inwo.de (Betreff: MMT).

Dr. Dirk Ehnts, Dipl.-Volkswirt mit Schwerpunkt Makroökonomie, Geld und Kredit, ist einer der bekanntesten Vertreter der Modern Monetary Theory (MMT) in Deutschland. 2014 hat er die Samuel-PufendorfGesellschaft für politische Ökonomie mitbegründet, deren Vorstandssprecher er ist. Ehnts hat neben MMT-Lehrbüchern zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht, dazu in Tageszeitungen und Blogs. Sein Buch »Geld und Kredit: Eine €-päische Perspektive« ist im September 2020 in 4. Auflage im Metropolis-Verlag erschienen.

Robinsonade

Im Faironomy-Video-Kanal gibt es jetzt eine vorgelesene Version (23 min) von Silvio Gesells Robinsonade (hier zum selberlesen).

2. Termine

30. Juni (jeden letzten Mittwoch im Monat), 20 – 21 Uhr, online: INWO-Mitmachseminar (für INWO-Mitglieder)

Jetzt Mitglied werden!

20. August, 19 Uhr, online: FAIRCONOMY-Webinar mit Dr. Dirk Ehnts zum Thema Modern Monetary Theory (s.o.)

24. - 26. September, Silvio-?Gesell-?Tagungsstätte Wuppertal: Ersatztermin für die ursprünglich für März 2020 geplanten 65. Mündener Gespräche mit dem Thema „Proudhon, Gesell, Keynes und negative Zinsen“.

30. - 31. Oktober, Erfurt: INWO-Mitgliederversammlung.

10. - 12. Juni 2022, Wuppertal: Fairconomy-Sommerfest in der Silvio-Gesell-Tagungsstätte.

Irrtümer und Änderungen vorbehalten. Mehr lokale und aktualisierte Termine stehen manchmal im INWO-​Terminkalender

3. Interessantes aus Netz und Medien

Der US-Sender NBC berichtete im Juni (engl.), dass Microsoft-Gründer und Multimilliardär Bill Gates zum größten privaten Farmlandbesitzer der USA avanciert sei. Der 65-Jährige besitze fast 110.000 Hektar Agrarboden in 18 unterschiedlichen US-Bundesstaaten. Im Bundesstaat Washington beispielsweise hielten Gates und seine Frau 5.665 Hektar Kartoffeläcker, die sogar aus dem Weltall zu erkennen seien und auf denen zum Teil Kartoffeln für McDonald‘s angebaut würden.

Während Landwirte oder Agrarbetriebe meist nur noch pachten können, profitieren die neuen, nicht-landwirtschaftlichen Investoren, die Boden im Eigentum erwerben können, nicht nur von weiter steigenden Bodenpreisen, sondern verdienen auch noch an der Pacht. „In den USA gilt aktuell schon für die Hälfte des gesamten Farmlandes, dass die Bauern es nur noch bewirtschaften, aber nicht mehr besitzen. Wie das Verhältnis in Deutschland aussieht, dazu gibt es keine konkreten Zahlen.“, heißt es in einem Beitrag von Christian Herrmann auf den Online-Seiten von n-tv (11.07.2021).

Auf tagesschau.de ergänzte Ulrich Crüwell, am 12.07.2021: „Nach Schätzungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind inzwischen fast 60 Prozent der deutschen Agrarflächen im Eigentum von Nichtlandwirten.“

Steffen Henke hat ein Video zum Thema Geld (nach unten blättern, „hier“-Verweis finden) zum Online-Investment-Kongres profino beigesteuert.

Die Negativzinspolitik der EZB verletze die verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsrechte der Sparer, hieß es in einer Pressemitteilung des Verbandes der Sparda-Banken vom 5. Juli. „Wir brauchen dringend eine Zinswende“, meinte der Vorstandsvorsitzende Florian Rentsch.
Der Verband hatte den ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof mit einem Rechtsgutachten zur Negativzinspolitik beauftragt. Diese Geldpolitik bedeute eine Enteignung der Sparer und verletze das im deutschen Grundgesetz und im Europarecht garantierte Recht auf Privateigentum, schlussfolgerte Kirchhof. Die Zeitung „Welt“ führte ein Vorab-Interview: „Der Sparer ist von dieser Geldpolitik unmittelbar betroffen in einer Rechtsposition, die ihm seit vielen Jahrzehnten in Deutschland und überall vertraut war. Er gibt sein Kapital der Bank seines Vertrauens, erwartet am Jahresende drei Prozent Zins, hat fast kein Risiko und muss sich nicht weiter in Erwerbsanstrengungen um diese Ertragsquelle kümmern. Doch die EZB hat mit ihrer Marktmacht diese Ertragsquelle versiegen lassen.“.
Eine solche Aussage zeigt bereits, wie realitätsfern Kirchhof argumentiert – als ob es ein Recht auf solche Zinsgewinne geben könnte! Einige Ökonomen haben Kirchhof auch umgehend widersprochen. Es fehle Kirchhof an ökonomischem Wissen, er unterscheide nicht zwischen Nominal- und Realzinsen und klammere Kreditnehmer, Arbeitnehmer mit ihrem Humankapital sowie Aktien- und Immobilienbesitzer aus der Betrachtung aus, denen mit höheren Zinsen tendenziell geschadet würde, berichtet der Tagesspiegel am 4. Juli.
Wenige Tage später stützte ein Urteil des Landgerichts Leipzig die Negativzins-Politik. Das Gericht gab der Sparkasse Vogtland recht, die ein sogenanntes Verwahrentgelt auf dem Girokonto für Neu- und Wechselkunden einführen wollte (Urteil vom 08.07.2021, Aktenzeichen 05 O 640/20). Zuvor hatte bereits das Amtsgericht Tübingen im Jahr 2018 bei Neuverträgen die Vereinbarung von Negativzinsen grundsätzlich als zulässig erachtet (Urteil vom 26.01.2018, Az.: 4 O 187/17).
Die Verbraucherzentralen, die sich in ihrem Kampf gegen Negativzinsen in den letzten Jahren bereits mehrmals zu Fürsprechern von Zinslobbyisten machten, statt als Verbraucherschützer aufzutreten, scheiterten. Die Verbraucherzentrale Sachsen kündigte allerdings Berufung vor dem Oberlandesgericht an.

Vor fast genau 50 Jahren erfolgte die letzte Abkehr vom Gold-Standard: Vor 50 Jahren überrumpelte Richard Nixon die Welt. Ob der 'Nixon-Schock' die Welt stabiler machte, ist bis heute umstritten (NZZ am 14.08.).

Als Freiwirt kann man nur von Glück reden, dass der Goldbezug des Geldes 1971 endlich aufgelöst wurde – auch wenn das mindestens 50 Jahre zu spät war. Im Jahr 1918 hatte Gesell mit Bezug auf Goldwährungen (und anderes nicht-rostendes Geld) schon propheze

Trotz des heiligen Versprechens der Völker, den Krieg für alle Zeiten zu ächten, trotz der Rufe der Millionen: 'Nie wieder Krieg!', entgegen all den Hoffnungen auf eine schöne Zukunft, muss ich sagen: wenn das heutige Geldsystem, die Zinswirtschaft, beibehalten wird, so wage ich es, heute zu behaupten, dass es keine 25 Jahre dauern wird, bis wir vor einem neuen, noch furchtbareren Krieg stehen!

4. Film- und Buchtipps

Carolin Butterwegge, Christoph Butterwegge: Kinder der Ungleichheit - Wie sich die Gesellschaft ihrer Zukunft beraubt

Carolin Butterwegge, Christoph Butterwegge: Kinder der Ungleichheit - Wie sich die Gesellschaft ihrer Zukunft beraubt.

Frankfurt: Campus. 303 Seiten. ISBN 9783593514833. Erscheinungstermin: 18.08.2021

Wie nie zuvor ist die junge Generation sozial tief zerrissen: Hinsichtlich Gesundheit, Bildung, Wohnen, Freizeit und Teilhabe verschärfen sich die Unterschiede. Während Kinder aus wohlhabenden, reichen und hyperreichen Familien materielle Sicherheit genießen und eine Führungsposition in der globalisierten Wirtschaftswelt erreichen können, bleiben diese Chancen den Gleichaltrigen aus sozial benachteiligten Familien versagt. Die Sozialwissenschaftlerin Carolin Butterwegge und der Ungleichheitsforscher Christoph Butterwegge leisten mit ihrem ersten gemeinsamen Buch einen Beitrag zur Beendigung dieser Entwicklung. Sie zeigen das Spektrum der Kinderungleichheit, ergründen die Ursachen und schlagen Gegenmaßnahmen vor. Denn wenn ein Großteil der »Generation Corona« abgehängt wird, geht es mit der ganzen Gesellschaft bergab.

Joseph Spoden: Silvio Gesell…und gesell dich dazu! Silvio Gesell für jedermann.

Erscheinungstermin: November 2021.

Joseph Spoden, Stadtführer in Gesells Geburtsstadt Sankt Vieth (Belgien), hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die unterschiedlichsten Menschen allgemeinverständliche Zugänge zu Silvio Gesells Gedankenwelt zu schaffen.
Mit großer Wertschätzung, aber nicht unkritisch stellt Spoden Gesells Leben und Werk vor… So entsteht gleichsam eine Panoramaaufnahme, auf der Silvio Gesells Werk eingerahmt wird von Informationen über seine Kindheit und Jugend in St. Vith und über seine Familienangehörigen sowie über die zeitgeschichtlichen Hintergründe seines weiteren Werdegangs, der mit seinen Gedanken über Reformen von Geldordnung und Bodenrecht der Menschheit zu sozialer Gerechtigkeit und Frieden verhelfen wollte… Joseph Spodens Zusammenstellung von erläuternden Texten, Originalzitaten, Fotos, Dokumenten und Grafiken ist eine unterhaltsame und abwechslungsreiche Einführung in Silvio Gesells Gedankenwelt.

Gesells Vorstellungen einer sozialen Ordnung - „Reichtum und Armut sind gleichmäßig verkehrte Zustände, sie gehören nicht in einen geordneten Staat, sie sind mit dem Bürger- und Völkerfrieden unvereinbar“ - sollen in der Eifel spürbar sein. Deshalb gehen vom Verkaufspreis jedes vorbestellten Buches 10% an die Aktion „Solidarische Weihnachten“ des ÖSHZ Sankt Vith. Das Ziel dieser Solidaritätsaktion besteht darin, hiesigen Kindern, deren Familien mit größeren finanziellen Schwierigkeiten zurechtkommen müssen, einen Wunsch zu Weihnachten zu erfüllen.

Das Buch im Format A4, ca. 160 Seiten, 4/4-farbig mit Fadenbindung kann zum Subskriptionspreis bis spätestens 15. Oktober vorbestellt werden durch Überweisung von 28,00 € (Abholpreis) + 7,50 € Versandkosten, wenn Postzustellung auf das Konto BE12 7340 5343 5992 von Spoden, Joseph · Poststraße, Emmels 98 · 4780 St. Vith

5. Worte... zum Schluss

„Die mit dem privaten Eigentum am Boden bzw. mit der privaten Vereinnahmung der Bodenrente sowie mit der privaten Verfügungsgewalt über konzentriertes Geld- und Realkapital verbundenen Privilegien brachten die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft in Westeuropa während der ersten Moderne auf Abwege der monopolkapitalistisch vermachteten Marktwirtschaft mit unzähligen sozialen Verwerfungen und mehr oder weniger schweren Krisen.“
Werner Onken in Marktwirtschaft ohne Kapitalismus - Von der Akkumulation und Konzentration in der Wirtschaft zu ihrer Dezentralisierung.

Mit freundlichen Grüßen
Beate Bockting und Vlado Plaga