»Wir sind eine der ungleichsten Gesellschaften in ganz Europa und hierbei spielt Grund und Boden eine Schlüsselrolle«, wird der Ökonom Professor Dirk Löhr zitiert. Wie in den schlimmsten Zeiten des Feudalismus arbeiten immer mehr Menschen einen immer größeren Teil ihres Lebens lediglich dafür, die Profite der Grundbesitzer und Bodenspekulanten zu erwirtschaften. Seit die Geldmarktzinsen, und damit die Milliarden schweren Erträge des Finanzkapitals, weltweit zurückgegangen sind, wird immer mehr Geldkapital in den Boden investiert. Mieter, Gewerbetreibende und Landwirte zahlen gleichermaßen einen hohen Preis. Die Ökologie, Lebensqualität und soziale Standards bleiben mehr und mehr auf der Strecke.
Eine Konsequenz für unsere Gesellschaft ist der »Abschied von der Mittelschicht«. Im Begleittext zu einer weiteren Dokumentation auf ARTE heißt es: »Rund ein Drittel aller Beschäftigten in Europa lebt in Unsicherheit. Obwohl sie Arbeit haben, teilweise sogar mehrere Jobs gleichzeitig, kommen sie nur knapp über die Runden. Sie bilden das sogenannte "Prekariat". Die wachsende Angst vor der Armut führt zu einem Gefühl des sozialen Ausschlusses und auch zu Zweifeln an der Demokratie. ... Nicht nur in Deutschland oder Frankreich wächst die Kluft zwischen Arm und Reich. Selbst in Schweden, das vielen noch als „Sozialparadies“ gilt, wird die soziale Schere immer größer.«
Die Dimension der ökonomischen Umverteilung über den Bodenbesitz ist geradezu unvorstellbar und 80 % der Bevölkerung sind davon direkt betroffen. Dennoch wird dieses Thema im politischen Diskurs lediglich in Randbereichen und bei der Eingrenzung von Symptomen behandelt. Weder in den politischen Gremien noch in den Redaktionen der Medien wird über grundlegende Reformen und - durchaus vorhandene, grundlegende – Lösungsansätze diskutiert. Es scheint, als seien das Volk und seine Protagonisten starr vor Entsetzen. Außer Frage steht dabei, dass die leistungslos anfallende Bodenrente, unabhängig von allen aktuellen Entwicklungen, eine Größenordnung aufweist, über die zu streiten und zu diskutieren durchaus lohnenswert ist: »Würde man beispielsweise lediglich 2% des Bodenwertes abschöpfen, hätte man den stolzen Betrag von 110 Milliarden Euro zur Verfügung. Das entspräche einem Jahresbonus von 1300 Euro für jeden in Deutschland lebenden Menschen.«
Lesen Sie hierzu auch: »Die Seele der Sozialdemokratie nicht länger verleugnen«, »Spekulation subventionieren oder Gewinne abschöpfen« und »Grundsteuer:Zeitgemäß!«.
Klaus Willemsen, 04.02.2020
Verwendete Quellen:
www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/goldgrube-bauland-das-grosse-geschaeft-mit-grund-und-boden-100.html
www.arte.tv/de/videos/078202-000-A/abschied-von-der-mittelschicht/
www.inwo.de/medienkommentare/die-seele-der-sozialdemokratie-nicht-laenger-verleugnen/
www.inwo.de/medienkommentare/spekulation-subventionieren-oder-gewinne-abschoepfen/