Es ist eine Notwendigkeit unserer kapitalistischen Geldstruktur, »Krankenhäuser als Profitzentren« zu betreiben. Und wenn man nicht die medizinische Notwendigkeit, sondern die Möglichkeit Kapitalprofite zu erzielen in den Vordergrund stellt, dann ist es eben auch möglich, »Qualitätssteigerung bei sinkenden Kosten« zu erzielen. Ein Schelm, der glaubt, dass diese sinkenden Kosten sich negativ auf die Qualität der Arbeitsbedingungen, der Arbeitszeiten und der Löhne der im Krankenhaus Beschäftigten auswirken könnten. Und natürlich darf sich ein Ökonom darüber freuen, dass private Krankenhäuser billiger sind und zusätzlich tolle Profite erzeugen. »Die vier großen Krankenhauskonzerne haben in Deutschland 2018 eine Milliarde Euro Gewinne erzielt« (29:37), indem sie sich die Rosinen aus dem Kuchen picken. »Der Notfall rechnet sich nicht«, wissen Uthoff und von Wagner zu berichten. Und wäre man den »Fachleuten« aus dem Lobby-Dunstkreis der Bertelsmann-Stiftung gefolgt und hätte die Hälfte der deutschen Krankenhäuser abgewickelt, würden auch in Deutschland viele Notfallbetten fehlen.
Ärgerlich an der Sachlage ist jedoch nicht, dass gekaufte Lobbyisten Bilanzen in ihrem Sinne interpretieren. Richtig ärgerlich ist, dass selbst kritische Ökonomen und engagierte Politiker sich aufs Schimpfen über Lobbyisten versteifen, anstatt die Ursachen zu benennen. (Denn wollte man sie benennen und kritisieren, müsste man natürlich darüber nachdenken.)
Die Geldvermögen nehmen weltweit immer weiter zu. Und wollte man aus der Kapitalisierung immer weiterer gesellschaftlicher Bereiche aussteigen, bräuchte man in den übrigen Bereichen ein immer noch absurderes Wachstum. Das ist aber realistisch nicht mehr zu gewährleisten.
Der Ausweg aus dieser Entwicklung besteht darin, die Menge des Anlage suchenden Kapitals zu verringern. Doch eine negative Verzinsung von Geldvermögen ist selbst für sozialdemokratische und grüne Politikerinnen und Politiker bis heute undenkbar. Selbst in der Corona-Rezession, bei einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von minus 6 bis minus 10 Prozent, bleibt der Ruf nach einer Anpassung des Zinsniveaus aus.
Es braucht gar nicht die Lobbykraft eines neoliberalen Think-Tank wie der Bertelsmann-Stiftung, solange alternative Ökonomen mit dicken Brettern vor dem Kopf herumlaufen und stolz darauf sind, die ökonomischen Zusammenhänge schlicht zu ignorieren.
Deshalb wird sich dieser Irrsinn weiter fortsetzen. Uthoff und von Wagner wissen: »Nach der Krise werden die Kommunen kein Geld mehr haben und dann wird es mit den Krankenhausschließungen erst richtig losgehen.« Was auch sie übersehen: Nach der Krise werden die privaten Geldvermögen um ein bis zwei Billionen Euro größer sein. Und aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung werden diese Kapitalien noch dringender profitable Investmentmöglichkeiten suchen - und finden!
Lesen Sie hierzu auch: »Ein Hoch der Negativzinspolitik in der FAZ«, »Die Wirtschaft braucht jetzt Negativzinsen« und »Stabile Währung durch Haltegebühr auf Geld«.
Klaus Willemsen, 18.05.2020
Verwendete Quellen:
Bertelsmann und Co.: Was ist los im Gesundheitssystem? - Die Anstalt
Ein Hoch der Negativzinspolitik in der FAZ
Die Wirtschaft braucht jetzt Negativzinsen
Stabile Währung durch Haltegebühr auf Geld